Freitag, 12. September 2014

Das war das Ackerfestival 2014


20 Kilometer nördlich von Hamburg findet man auf der Landkarte die kleine Gemeinde Kummerfeld. Seit nunmehr 9 Jahren findet dort das Ackerfestival statt, dass inzwischen nicht mehr nur die ansässige Dorfjugend, sondern auch die hippen Kids aus der Hansestadt anzieht. Dazu kommt eine handverlesene Auswahl von 15 Bands, die die Genregrenzen sprengt und für fast jeden etwas bietet.




Es ist schon seltsam wie sehr man durch Festivals wie das Melt! oder das Dockville geprägt wird. Man erwartet Tonnen von Glitzer und eine Gemeinschaft die aussieht, als wären 90% hier um entweder auf die Startseite sämtlicher angesagten Modeblogs oder in die aktuelle Kolumne über fancy Festivalbesucher der Vice zu kommen. Verglichen mit diesen Festivals wirkt das Ackerfestival auf den ersten Blick wie eine verdammt liebevoll und ziemlich gut organisierte Dorffete. Doch die anfänglichen Zweifel lösten sich, angeregt durch super offene Festivalbesucher, einer entspannten Stimmung und einer familiären Atmosphäre, in Luft auf. Schnell wird klar, hier wird eine 2000 mann/fraustarke Party gefeiert, auf der noch jeder seinen Verkleidungsfetisch auslebt ohne dem "Show and Shine Mechanismus" der großen Indie-Elektro-Festivals verfallen zu sein. Mindestens 3 Typen in Kleidern und mehr als ein Mensch im Tierkostüm.


Während am Freitag noch eher unbekannte Bands spielten fuhr das Festival am Samstag tatsächlich neben den Wahlberlinern Zugezogen Maskulin auch Bands wie I Heart Sharks und Kadavar auf.
Besonders im Gedächnis sind mir Freitag wohl die Jungs aus Gütersloh geblieben, die unter dem Namen Freiburg bei This Charming Man Records unter Vertrag stehen und ihren wütenden Deutsch-Post-Punk in einen sonnigen Nachmittag hinausbrüllten. Das hat charakter und Energie. Mit dem Moped in den Sonnenuntergang richtung Hamburg fahrend, wächst die Lust auf den nächsten Festival Tag.


Leider beginnt der Samstagabend eher wolkenverhangen und von Nieselregen durchzogen, doch der Stimmung tut das keinen Abbruch. Die Besucher scheinen langsam wach zu werden und das Publikum hat sich sichtlich verändert. Die vormals fast ausschließlich dem Rock und Punk Milieu zuzuordnenden Gäste wurden ergänzt durch Röhrenjeans und Jutebeutel tragende Musikjünger. Diversität tut gut und auch hier fühlt sich inzwischen jeder wie zu Hause und an seine Dorfjugend zurückerinnert, ganz egal ob man die jemals erlebt hat oder nicht.
Mexikaner trinkend und das Publikum mit Ratschlägen über das Leben und die Liebe ausstattend beweist Love A einmal mehr, dass Musik Leben verändern kann. Aber lassen wir dieses hoch gestochene Deuten von Kunst und ihrer Wirkung mal außen vor, die Band macht einfach gute Mucke. Im Interview haben wir aus den Jungs dann noch rausquetschen können, dass es für sie ab Oktober wieder ins Studio geht und sich alle Fans auf eine neue Platte freuen können.


Mindestens genauso ambitioniert zeigte sich auch das Duo Zugezogen Maskulin, dierekt vom First We Take Berlin Festival angereist. Verzerrter Mund und Wahrheits entzerrende Texte zeichnen grim104 aus und auch vor Publikum, von denen sich wahrscheinlich die wenigsten als Hip-Hop Fans bezeichnen würden geben er und Testo ordentlich Gas. Eigentlich war wirklich alles dabei. Von Klassikern wie Chrystal Meth in Brandenburg bis Pyro in den Reihen der Besucher. Da hat sich Buback wirklich zwei Gute geschnappt.


Zeitsprung. Inzwischen ist es dunkel und I Heart Sharks haben eine Performance abgeliefert die Spaß gemacht hat, doch auch genau die Erwartungen getroffen hat, die man an eine solche Band stellt. Nicht schlecht, aber auch nicht außergewöhnlich. Viel Gerede, denn anscheinend hat Sänger Pierre Bee inzwischen Deutsch gelernt und kennt mehr Wörter als noch im Song Neuzeit ihres ersten Albums. Das Konzert ist gelaufen und wir lassen uns treiben. Angelockt von einem lautem Geschrei und einer Menschentraube bewegen wir uns in den hinteren Teil des Festivalgeländes wo wir auf eine Gruppe Besucher, man möchte sie fast als Chor bezeichnen, treffen, die mit engelsgleichen Stimmen die Worte "Weg mit den Klamotten" skandieren und oberkörperfrei nach neuen Jüngern suchen. Da haben wir es dann doch noch, unser Vice-Like Party Foto und eine Erinnerung an ein verdammt nettes Dorffest, pa exelance. Nächstes Jahr auf jeden Fall wieder.


Alle Fotos gibt es hier.
An dieser Stelle auch noch mal ein dickes Danke an die Organisatoren.

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