Gestopfte Shuttlebusse und eine Menschenmenge, die sich irgendwo zwischen Hipster und Hip-Hop bewegt weisen die Richtung, es geht auf das MS Dockville Gelände. Während die Kollegen vom Vogelball noch die schicke Deko in Form bringen und die Glitzervorräte auffüllen, stehen auf der Hauptbühne des Spektrums schon "der Möchtegernkanacke und die Glatze mit der Zahl" auf der Bühne. Der erste Slot des Festivals erweist sich erwartungsgemäß als eher schwierig, der Sound kann leider auch nicht wirklich überzeugen. Es ist einfach zu früh für das Publikum. Als kleiner Trost sind Audio88 & Yassin wenigstens später noch bei K.I.Z. auf der Bühne und können live miterleben wie die Crowd abgehen kann. Schade.
Dank eines vorteilhaften Timetables, musste ich mich für die nächsten zwei Auftritte nicht einmal von der Bühne wegbewegen und konnte meine Energie sparen. Als nächstes fordert Kate Tempest zusammen mit ihrem Schlagzeuger Kwake und ihrer Keyboarderin ebendiese von allen, die sich bei ihrer Show eingefunden haben. Mit gewohnt eloquenten und sozialkritischen Texten schafft es die Britin alle in ihren Bann zu ziehen. Eine progressivere Instrumentalisierung, als noch im Molotow im letzen Winter, scheint auf ein Festivalpublikum angepasst und erfüllt seinen Dienst. Die letzten 5 Minuten lässt sich Kate auch auf dem Spektrum nicht nehmen um sich mit einem Text ohne Musik, aber mit um so mehr Tiefgang, an die Festivalbesucher zu wenden und zu erklären, dass nur unsere Taten und Erlebnisse uns wirklich glücklich machen können und nicht das was wir kaufen. Der Pathos trieft, der Punkt steht.
Von Belgien nach Berlin. Oldschool Battlerap von MC Bomber und Schacke One zeigen, warum es durchaus gerechtfertigt ist, dass die Tracks der P-Berg Battletapes bald auf Vinyl erscheinen werden. Ein Publikum, das die Schnittmenge aus Süddeutsche und Juice Lesern darstellt geht ordentlich mit im Takt und erweist sich trotz eines Sprachtempos, jenseits von Großviehversteigerungen, als weitestgehend textsicher. Unser Urteil, der Hype ist gerechtfertigt, klingt real.
Hauptact auf der Hauptbühne, alle haben drauf gewartet, als ob es das erste Weihnachten in 10 Jahren ist und nicht jeder hat den Pegel bis zum Beginn der K.I.Z. Abrissshow auf einem angemessen Level halten können. Alle die es geschafft haben drücken sich aneinander um einen Blick auf die drei von der Tankstelle erhaschen zu können und skandieren in Gruppenharmonie "Hurensohn". Ein solides Festivalset gespickt mit den Singleauskopplungen des neuen Albums, befriedigt die Alteingesessen und die Neulinge. Insgesamt vielleicht etwas kurz oder einfach nur zu gut, aber wenn wir ganz ehrlich mit uns sind, können K.I.Z. auch nicht zu viel falsch machen. Wie erwartet, ein gelungenes Konzert inklusive Konfetti aus ökologischem Reispapier.
Während an der Hauptbühne noch die Taka-Tuka Ultras eskalieren, machen wir uns schon mal kurz auf die Reise ins Zelt zu dem Familientreffen von Sichtexot. Die angekündigten Luk&Fil werden am Mikrofon unterstütz von ihren (Label-)Kollegen Tufu und Johnny Moto, während noch zwei weitere Kollegen (Uwe und Kavoe West) an den Turntables stehen. Ordentlich gute Laune und Tracks, die live ein klein bisschen weniger vertrackt wirken, als am heimischen Rechner, übertragen sich auf das Publikum, das im Laufe der Show noch auf ein, zwei Jägermeister eingeladen wird. Man merkt, die Jungs haben Spaß und auch das Zelt ist voller als zu erwarten gewesen ist, bei einem Slot, der sich mit dem von K.I.Z. überschneidet. Die sympathische Gäng der Sichtexoten läutet das Ende des Hip-Hop am heutigen Abend ein.
Also schnell wieder rüber an die Hauptbühne, wo sich das Feld seit Ende des K.I.Z. Gigs deutlich gelichtet hat. Dort begibt sich Siriusmo, zusammen mit den kongenialen und ebenfalls berliner Modeselektor auf die Bühne. Siriusmodeselektor, das neuste Projekt der drei, lässt noch einmal das Tanzbein schwingen und fährt neben einem mehr als überzeugenden Sound eine trashige, aus der Zeit gefallene Visualshow auf. Wären die Leute doch mal lieber geblieben, die Nummer hat wirklich mitgezogen und das gesamte Publikum in einer Ladung aus Bass und Tanzgewalt begraben.
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