Donnerstag startet mit strahlend blauen Himmel, Sonnenschein
und einem vollem Line-Up. Halbwegs ausgeschlafen geht es also am frühen
Nachmittag wieder Richtung Spielbuden Platz und direkt zum ersten Konzert.
Eine bessere Wahl für den ersten Act des Tages ist
angesichts der mir entgegen schallenden, träumerisch mit Echo hinterlegten,
Gitarrenklänge wohl kaum vorstellbar. Auf der Bühne steht Olivier Heim mit
seinem Soloproject Anthony Chorale. Begleitet wird er auf dem Keyboard und dem
Drumcomputer. Die Fläche vor der Bühne ist noch verhältnismäßig leer,
doch allen, die sich zur frühen Stunde zum Festival gewagt haben, ist
die Entspannung angesichts des Sounds von Anthony Chorale anzusehen. Der letzte
Song der kurzen Warm-Up Show geht vorbei und noch immer etwas verträumt
verlasse ich die Spielbude.
Nach einem Kaffee, einem ziemlich leckerem Eis und einem
Gespräch mit Olivier Heim über sein ständiges Umziehen, sein aktuelles Projekt
und Warschau, geht es zum nächsten Konzert. Boreal Sons geben sich im Rahmen
des Canadian Blast Showcase im Neidklub die Ehre. Der Sound von Boreal Sons ist
zum Glück nicht ganz einfach zu beschreiben. Es ist eine Mischung aus Folk und
der Komplexität von modernem Jazz-Pop am Keyboard. Ihre Strukturen wirken häufig
chaotisch, doch immer scheint doch ein Plan dahinter zu stecken, der zu einer
Auflösung führt.
Eigentlich wäre im Anschluss an die 4 Jungs aus Canada ein kurzer Auftritt von Die Nerven auf der Astra Bühne geplant gewesen. Später wird klar, auf der Bühne macht die Anlage nur 80dB und das ist natürlich viel zu wenig.
Trotz dieses Ausfalls bleiben wir bei den hiesigen Bands.
Coma spielen in der Prinzenbar. Eine geniale Mischung aus elektronischen Klang-
und Tanzwelten und dem noch analog und live eingespieltem Schlagzeug.
Technobeats handgemacht, hört man nicht alle Tage, steht den elektronischen
Beats in nichts nach und die Präzision des Drummers ist einfach schön
mitanzuhören. Doch auch das Gesamtpaket ist stimmig, die Lieder bauen sich
stetig auf und verleiten zum frühabendlichen Rave.
Zum Glück war die Astra Bühne nur als Aufwärmübung für Die
Nerven gedacht, die eigentliche Show findet erst später im Molotow statt. Um
die Zeit bis dahin zu überbrücken haben wir uns noch Malky beim N-Joy Bus
gegeben. Malky kommen aus Deutschland und sind in dem was sie machen auf keinen Fall
untalentiert. Den Soul-Pop bringen sie gut rüber und auch die etwas
gönnerhafte, Schwiegermutters-Liebling-Attitüde wirkt gekonnt. Für mich aber
einfach doch zu glatt und zu viel Micheal Buble.
Da trifft es sich ganz gut, dass noch ein kurzer Besuch bei
Taymir ansteht. Schöner Rock kann einfach immer noch überzeugen. Ein wenig wie
eine Schülerband wirken Taymir anfangs schon, doch die Bühnenshow beweist, dass
sie diesem Image längst entwachsen sind. Überzeugende Soli werden an der
Gitarre mit einer Lässigkeit vorgetragen, dass man sich im Anschluss an das
Konzert wünscht, man hätte doch auch ganz gerne eine Band und wäre nur ein
bisschen mehr Rockstar.
Das Warten hat endlich ein Ende und das Molotow einen
würdigen Spielpartner gefunden. Schon mit dem ersten Ton aus den Verstärkern
von Die Nerven wird klar, warum der frühabendliche Auftritt abgesagt werden
musste. Diese Musik gehört laut. Noch viel deutlicher als auf Platte kommt der
Hang zum Post-Rock zum Vorschein. Die Stimmen von Bassist und Gitarrist stehen
im Hintergrund während die Show eindeutig der Verzerrung und der Lautstärke
gehört. Die Botschaft der Songs bleibt auch so verständlich und wirkt insgesamt
noch viel gewaltiger, als es mir je vorgekommen ist wenn ich die Lieder zu
Hause aufgedreht habe. Die Nerven gehören nicht nur zu dem besten was sich in
der Deutschen Musiklandschaft aktuell so tummelt, sondern auch zu einer der
besten Live Bands, die ich in den letzten Jahren sehen konnte.
So wird man mit tauben Ohren in die Nacht entlassen und ein
fantastischer Donnerstag geht vorbei.
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