Mittwoch, 24. September 2014

Das war das Reeperbahn Festival DAY 2


Donnerstag startet mit strahlend blauen Himmel, Sonnenschein und einem vollem Line-Up. Halbwegs ausgeschlafen geht es also am frühen Nachmittag wieder Richtung Spielbuden Platz und direkt zum ersten Konzert.

Eine bessere Wahl für den ersten Act des Tages ist angesichts der mir entgegen schallenden, träumerisch mit Echo hinterlegten, Gitarrenklänge wohl kaum vorstellbar. Auf der Bühne steht Olivier Heim mit seinem Soloproject Anthony Chorale. Begleitet wird er auf dem Keyboard und dem Drumcomputer. Die Fläche vor der Bühne ist noch verhältnismäßig  leer,  doch allen, die sich zur frühen Stunde zum Festival gewagt haben, ist die Entspannung angesichts des Sounds von Anthony Chorale anzusehen. Der letzte Song der kurzen Warm-Up Show geht vorbei und noch immer etwas verträumt verlasse ich die Spielbude. 


Nach einem Kaffee, einem ziemlich leckerem Eis und einem Gespräch mit Olivier Heim über sein ständiges Umziehen, sein aktuelles Projekt und Warschau, geht es zum nächsten Konzert. Boreal Sons geben sich im Rahmen des Canadian Blast Showcase im Neidklub die Ehre. Der Sound von Boreal Sons ist zum Glück nicht ganz einfach zu beschreiben. Es ist eine Mischung aus Folk und der Komplexität von modernem Jazz-Pop am Keyboard. Ihre Strukturen wirken häufig chaotisch, doch immer scheint doch ein Plan dahinter zu stecken, der zu einer Auflösung führt. 


Eigentlich wäre im Anschluss an die 4 Jungs aus Canada ein kurzer Auftritt von Die Nerven auf der Astra Bühne geplant gewesen. Später wird klar, auf der Bühne macht die Anlage nur 80dB und das ist natürlich viel zu wenig.  
Trotz dieses Ausfalls bleiben wir bei den hiesigen Bands. Coma spielen in der Prinzenbar. Eine geniale Mischung aus elektronischen Klang- und Tanzwelten und dem noch analog und live eingespieltem Schlagzeug. Technobeats handgemacht, hört man nicht alle Tage, steht den elektronischen Beats in nichts nach und die Präzision des Drummers ist einfach schön mitanzuhören. Doch auch das Gesamtpaket ist stimmig, die Lieder bauen sich stetig auf und verleiten zum frühabendlichen Rave.


Zum Glück war die Astra Bühne nur als Aufwärmübung für Die Nerven gedacht, die eigentliche Show findet erst später im Molotow statt. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken haben wir uns noch Malky beim N-Joy Bus gegeben. Malky kommen aus Deutschland und sind in dem was sie machen auf keinen Fall untalentiert. Den Soul-Pop bringen sie gut rüber und auch die etwas gönnerhafte, Schwiegermutters-Liebling-Attitüde wirkt gekonnt. Für mich aber einfach doch zu glatt und zu viel Micheal Buble. 


Da trifft es sich ganz gut, dass noch ein kurzer Besuch bei Taymir ansteht. Schöner Rock kann einfach immer noch überzeugen. Ein wenig wie eine Schülerband wirken Taymir anfangs schon, doch die Bühnenshow beweist, dass sie diesem Image längst entwachsen sind. Überzeugende Soli werden an der Gitarre mit einer Lässigkeit vorgetragen, dass man sich im Anschluss an das Konzert wünscht, man hätte doch auch ganz gerne eine Band und wäre nur ein bisschen mehr Rockstar. 


Das Warten hat endlich ein Ende und das Molotow einen würdigen Spielpartner gefunden. Schon mit dem ersten Ton aus den Verstärkern von Die Nerven wird klar, warum der frühabendliche Auftritt abgesagt werden musste. Diese Musik gehört laut. Noch viel deutlicher als auf Platte kommt der Hang zum Post-Rock zum Vorschein. Die Stimmen von Bassist und Gitarrist stehen im Hintergrund während die Show eindeutig der Verzerrung und der Lautstärke gehört. Die Botschaft der Songs bleibt auch so verständlich und wirkt insgesamt noch viel gewaltiger, als es mir je vorgekommen ist wenn ich die Lieder zu Hause aufgedreht habe. Die Nerven gehören nicht nur zu dem besten was sich in der Deutschen Musiklandschaft aktuell so tummelt, sondern auch zu einer der besten Live Bands, die ich in den letzten Jahren sehen konnte.
So wird man mit tauben Ohren in die Nacht entlassen und ein fantastischer Donnerstag geht vorbei.



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